Der Weg zurück ins Leben-Podcast – von und mit Christina Bolte sowie heute mit ihrem Interview-Gast Michael Stief.
Mein heutiger Interviewpartner ist Unternehmensberater und Experte für positive Kommunikation Michael Stief. Er kommt aus Peiting im schönen Oberbayern und war über eine längere Zeit Personalchef in einer Bank. Auf der Suche nach einer möglichen Neuorientierung kam ihm Hape Kerkeling unter, und er sagte von sich: “Jakobsweg? Das ist doch nichts für mich!”
Ein paar Wochen später hatte es ihn dann aber doch gepackt. Nämlich als er erfuhr, dass es neben der 40 Tage langen Variante auf dem Camino Frances auch noch kürzere Möglichkeiten gibt. So kam er auf den Camino Portugues, den er von Porto nach Finisterre beging.
Im Podcast erzählt er von seinem Jakobsweg und von den Fügungen und Führungen, denen er dort begegnete. Er berichtet wie er dort seine Liste an möglichen “Zielberufen” eines nach dem anderen über den Haufen warf. Und was sich ihm stattdessen offenbart hat. Außerdem erzählt er, was Personalchefs durch Barfußgehen lernen können…
Ich wünsche Dir viel Spass beim Zuhören.:
Eine kurze Zusammenfassung dieses Interviews wie auch die Links zu den erwähnten Büchern findest Du im Folgenden:
Deine schönsten bzw. bewegendsten Erlebnisse während Deiner Zeit auf dem Jakobsweg:
Das schönste Erlebnis war meine Ankunft in Ponte de Lima, einem sehr breiten Fluß. Es war ein sehr heißer Tag, und ich habe dort an diesem Tag im Fluß ein Bad genommen.
Das bewegendste war auf dem Platz vor der Kathedrale in Santiago, da habe ich eine unendliche Freude verspürt. Allerdings war das gar nicht mal die Ankunft. Sondern eher dass ich mich über die Ankunft von anderen, die ich unterwegs getroffen hatte, gefreut hatte.
Und in Finisterre habe ich einen unendlichen Frieden verspürt.
Deine größte Lernerfahrung?
Das war für mich tatsächlich, dass ich eine Antwort auf meine Frage bekommen habe, worum es für mich zukünftig gehen soll. Ich hab da unterwegs so einen ganz ovalen Kiesel gefunden, der mich an ein Raumschiff erinnert hat aus dem Film Arrival. Da ging es darum, dass eine Sprachwissenschaftlerin mit den Außerirdischen kommunizieren soll. Und eigentlich war das ein ganz normaler Kiesel, der mir einfach nur gefallen hat. Aber da war einer dieser Plätze, an dem die Leute Steine ablegen und wollte ihn dazu legen.
Aber so das Hinlegen ging nicht — aber so ausbalanciert hinstellen hat funktioniert. Und da hab ich dann gesehen, dass das genau so aussieht wie in diesem Film.
Da wusste ich dann, dass es um Kommunikation gehen soll. Wie so ein “Fingerzeig Gottes”.
Deine größte Angst in dieser Zeit?
Unterwegs hatte ich keine wirklichen Ängste, außer einmal, als ich schon sehr spät unterwegs war, dass ich keine Unterkunft mehr bekomme.
Aber hinterher hatte ich Sorgen, wie ich meinen Wiedereinstieg gestalten soll. Denn ich hatte ja unterwegs ein komplett neues Mindset bekommen: Vom Personalleiter, der von Geld, Ansehen & Karriere getrieben ist, über die bereichernde Erfahrung, mit 10 Euro am Tag auszukommen, keine Visitenkarte und dem Gefühl: “Ich bin genug.”
Deine größten Hoffnungen in dieser Zeit?
Es war so ein bisschen die Frage: “Wer soll ich in Zukunft sein?” Letztendlich habe ich dann im Kopf einen Shift gemacht von “Ich habe einen Job” zu “Ich bin auf dem Weg”. Also vom Haben zum Sein.
Ich hatte mir tatsächlich eine Liste von 26 ganz konkreten Job-Optionen gemacht, die ich unterwegs für die Zukunft in Erwägung ziehen wollte und in denen es ganz konkret um Inhalte ging. Ich hab dann unterwegs im Kopf eines nach dem anderen gestrichen. Aber war tatsächlich nichts Konkretes, sondern der Stein war für mich wie so ein Kristallisationspunkt: Es ging umweglassen, wesentlich werden, auf den Kern kommen bis hin zu der Botschaft: “Es geht um Kommunikation”.
Was hast Du – außer Deiner Arbeit – noch an Deiner Lebensgestaltung verändert?
Also zunächst mal, dass ich, wie auch schon unterwegs, immer mehr im Dialog bin mit Gott. Dass ich Gott Fragen stelle, was sein Auftrag ist an mich. Und dann auf die Antwort lausche, immer wieder neu.
Außerdem mein morgendliches Ritual mit dem Stundengebet und dem Spaziergang, wobei ich auch noch zusehe, dass ich jeden Tag 10.000 Schritte gehe.
Außerdem habe ich meinen Kleider- und meinen Schuhschrank reduziert. Ich hab mal von einem Manager der Firma Neuland gehört, der immer barfuß unterwegs ist. Das hat mich inspiriert, so dass ich jetzt auch fast immer Barfußschuhe trage. Es hilft mir, achtsam zu sein mit den Füßen, wo ich hintrete. Dadurch spüre ich, ob der Weg, auf dem ich unterwegs bin, ein guter ist. Und ich spüre, was ich wirklich will. Nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Körper.
Ich hab gemerkt, die Füße sind symbolisch für den Körper der Wichtigste Mitarbeiter. Und diese Botschaft ist so wichtig für Personalleiter: “Gebt auf eure Leute acht! Sonst kommt ihr nicht weiter.”
Gab es bestimmte Phasen oder Meilensteine auf Deinem Weg?
Als ich zurückkam, habe ich erstmal realisiert, dass sich meine Lebenseinstellung sehr verändert hat. Dass ich mehr Schlichtheit zulassen kann.
Dann hatte ich so eine Phase, in der ich die Spannung zwischen dem Zielorientierten, das ich vorher geplant hatte, und der Vision vom Jakobsweg ganz stark wahrgenommen habe. Diese Bewerbungsphase mit dem Wechselspiel zwischen Kontakt aufnehmen – Hoffen – evtl. Gespräch – und Absage. Wo ich mich dann irgendwann gefragt habe: “Wer tickt hier eigentlich nicht richtig – ich oder die anderen?”
Dann kam irgendwann die Idee mit der “positiven HR”, die eigentlich so ein bisschen aus dem Moment heraus geboren war.
Und dann natürlich noch die 4 Monate, in denen ich als Personalleiter angestellt war. Da war so ein Meeting mit der Personalentwicklung, das war wie so ein Wendepunkt. Da hab ich gemerkt, da kann ich nichts erreichen, die Kultur frisst alles zum Frühstück und dass wir nicht mit den Einstellungen zusammen kommen.
Aber es war natürlich auch sehr enttäuschend, wieder am Punkt Null zu sein. Aber das Weitergehen hatte ich ja auf dem Jakobsweg geübt: “Ultreia & suseia – Weiter und aufwärts.” Und dann hab ich mein Bündel wieder gepackt und bin weiter gezogen.
Aber dafür war dann auch der Weg frei für die Neugründung von Positiver HR bzw. positiver Kommunikation. Und jetzt habe ich meinen Weg gefunden, für mich selber.
Ich arbeite jetzt mit einem halben Dutzend Menschen zusammen, und ich biete mit meinem Netzwerk letztlich alles in HR außer Lohn und Gehalt.
Aber was mich wirklich auszeichnet, das ist die positive Kommunikation.
Wer oder was Dir am meisten geholfen, Deinen Weg zu gehen?
In erster Linie mein Gottvertrauen und der regelmäßige Dialog mit Gott. Nicht dass ich das ganze Leben nicht mit Gott geredet habe und dann nach meinem Tod die Ewigkeit mit ihm/ihr/ihnen verbringen muss… Da kann man ja schon mal frühzeitig anfangen, sich miteinander anzufreunden…
Aber ist auch natürlich total hilft, ist die Unterstützung meiner Frau, meinen eigenen Weg weiterzugehen. So wie man auch auf dem Jakobsweg auf ein gemeinsames Ziel (Santiago) hingeht, gilt das auch im Leben an sich. Man hat ein gemeinsames Ziel, und genauso ist das auch im Leben.
Außerdem ist für mich noch die Natur und auch die Langsamkeit ganz ganz wichtig geworden.
Blitzlicht-Runde:
Die Essenz Deiner Auszeit in einem Satz:
Geh mit Gott, aber geh!
Der wichtigste Schritt, der Dich über Deinen Wendepunkt hinaus gebracht hat:
Der Sprung ins Ungewisse.
Die wichtigste Ressourcen für Dich:
Das Stundengebet, das mich immer wieder zurückholt im Alltag
auch online zu verfolgen unter: https://erzabtei.de/live
oder im Downloadarchiv mit allen Aufzeichnungen der letzten 14 Tage unter mp3.erzabtei.de.
Deine besten Buchempfehlungen:
- * Das Stundenbuch von Rainer Maria Rilke, besonders den Abschnitt über die Pilgerfahrt.
letzteres hier auch als Set mit Audio-CDs (Bild- und Textabschnitte verbunden mit 11 Musikvariationen)
- * Positive Psychologie von Daniela Blickhan
Was möchtest Du unseren Zuhörern zum Abschluss noch mit auf den Weg geben:
Den Jakobsweg gibt’s überall. Es tut gut, sich einfach mal so eine Auszeit zu nehmen – wenn auch nur für einen halben Tag.
Deine Kontaktdaten:
https://www.positive-hr.de/
außerdem meinen Blog mit Auszügen aus meinem Buch “Im Herzen barfuß gehen”, das gerade im Entstehen ist:
www.erfolgreichdurchdiekrise.de
(c) Photo-Credits: Tanja Hindelang, Stötten.
*Affiliate-Link: Du zahlst den normalen Preis und ich bekomme eine kleine Provision.
Ich durfte Michael Stief in einem Gespräch persönlich kennenlernen. Bis einen Tag vorher kannten wir uns noch nicht. Aber unser himmlischer Vater kennt uns und hat uns zusammengeführt. Dieses Interview formt nun mein Bild noch einmal weiter. Michael wird für mich fassbarer. Es ist interessant, wie der Jakobsweg ihn verändert hat. Und es macht mir noch mehr Lust diesen Weg durch die Landschaft und zu mir selbst auch zu gehen.
Hallo Micha,
vielen Dank für Dein Feedback. Ich wünsche Dir viel Freude und Erkenntnisse auf dem Weg, den Du mit Michael gehst – und noch mehr Freude und Erkenntnisse, wenn es Dich selbst auch auf den Jakobsweg verschlägt!
Dir eine gute Zeit und Buen Camino!
Christina