Der Weg zurück ins Leben-Podcast – von und mit Christina Bolte sowie heute mit ihrer Interview-Partnerin Gabi Röhrl
Meine heutige Gesprächspartnerin ist Gabi Röhrl aus der Holledau in Bayern. Sie ist die Regisseurin des Films “Nur die Füße tun mir leid”, den ich in Folge 083 rezensiert habe. Gabi Röhrl ist 57 Jahre und sehr naturnah auf einem Bauernhof groß geworden. Nach ihrer Hochzeit führte sie viele Jahre zusammen mit ihrem Mann eine Gastronomie am Donaudurchbruch. Zu ihrem 50. Geburtstag hat sie sich von ihrem Mann, einem Kunstgeschichts-Interessiertem, quasi eine Auszeit und Zeit für sich selbst gewünscht. So war sie 2011 zum ersten Mal auf dem Jakobsweg, um die Herausforderung zu suchen und das Alleinsein zu lernen. Sie war 5 1/2 Wochen auf dem Camino Francés unterwegs und ist die 900 km von St. Jean Pied de Port bis nach Finisterre gegangen. Ihr Handy hatte sie dabei die meiste Zeit ausgeschaltet.
Dabei erzählt sie, dass sie ganz euphorisch gestartet is, aber danach hätte sie der Weg mental und körperlich richtig “klein gekriegt”. Sie berichtet, dass sie in ein “ganz ganz tiefes Loch” fiel. Dieser “Mythos” den sie so erwartet hatte, war für sie überhaupt nicht zu spüren. Bis ihr Körper ihr dann eine wichtige Lektion erteilte.
In dieser Episode berichtet sie über ihren Weg, die schönen Momente und auch die Schlüssel-erlebnisse und wie dieser anschließend auch ihren Alltag veränderte. Höre selbst, was sie “als filmende Pilgerin” quasi aus dem Nähkästchen von der Entstehung ihres Films berichtet:
Im Folgenden findest Du nun noch eine kurze Zusammenfassung des Interviews.
Deine Lernerfahrung während Deiner Auszeit:
Das war zweierlei: Zum einen, dass Körper und Geist wesentlich mehr zu leisten in der Lage sind als ich gedacht habe. Aber auch dass ich mir dazu meine Kräfte einteilen muss, das gilt auch im Leben.
Und zweitens: Wie einfach es ist, glücklich zu sein.
Deine größten Ängste während Deiner Auszeit:
Die größte Angst war zunächst mal vor dem Start: Was erwartet mich als Frau alleine auf dem Weg. Das hat sich natürlich ziemlich schnell als unbegründet herausgestellt. Und hab dann im Laufe des Weges gelernt, mich auf mich selbst einzulassen.
Was hast Du an Deiner Lebensgestaltung oder Deinem Alltag verändert:
Eigentlich war die Lebensgestaltung hinterher ganz normal – und gleichzeitig auch irgendwie anders. Ich bin seitdem dem Moment viel achtsamer gegenüber, und den einfachen Dingen. Dadurch, dass mir der Jakobsweg neue Perspektiven aufgezeigt habe, bin ich jetzt als Hobby-Fotografin viel mehr in der Natur unterwegs und in der Natur zu Hause. Dabei geht es mir gar nicht so um das perfekte Bild, sonderm im Vordergrund steht eher der Moment. Ich kann mich an Sonnenauf- und Sonnenuntergängen erfreuen. Das ist so – ehrlich. Nicht erkauft oder bestellt.
Außerdem erklärt sie, wie das für sie so mit dem sich selber finden ist: Dadurch das man unterwegs sortiert und den Kopf leer bekommt, dann kann man alles viel klarer sehen und man wird auch mutiger unterwegs, und dadurch trifft man hinterher klarere Entscheidungen. Das hab ich schon auch getan.
Hattest Du Hoffnungen für die Zeit nach Deinem Jakobsweg?
Ich hatte ja zunächst keine großen Erwartungen gehabt. Aber ich habe ja vom Weg ganz vieles gelernt und habe auch gelernt, das in meinen Alltag mitzunehmen. Also auch ganz genau darauf zu achten, was konsumiere ich, wie verhalte ich mich… Und für mich war unterwegs das Alleinsein maßgeblich, da ich ja im Alltag immer so viele Menschen um mich hatte. Und das hat mir letztlich der Weg geschenkt.
[Hier philosophierten wir dann, wie der Film entstanden ist und wie es der Weg schafft, auch nach tausend Jahrn noch zu existieren. Und sie hat eine interessante Theorie, wer dafür verantwortlich, dass auf dem Jakobsweg so viele Menschen unterwegs sind und was den Weg so besonders macht.]
Welche Phasen oder Meilensteine hast Du auf Deinem Weg durchlebt:
Also, die 1. Phase war die Euphorie. Danach, ab etwa Puenta la Reina, über Burgos, war der Tiefpunkt, wo ich enttäuscht war, das dieses Besondere, der Mythos des Weges, den ich so erwartet hatte, gar nicht zu spüren war. In der Meseta bin ich mit zwei Pilgerfreundinnen gegangen und haben uns da durch diese schwierigen Bedingungen gezogen. Danach war dann die Phase des Wachsens und dieser unglaublichen Dankbarkeit. Die Ankunft in Santiago war natürlich sehr überwältigend, diese letzten Kilometer durch den Vorort steigt natürlich die Spannung, und dann am Kathedralsplatz dieses Loslassen, dass man es geschafft hat, und dann die Pilgermesse…
Die Entstehung ihres Films:
war quasi ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Sie wollte, dass der Weg im Mittelpunkt steht und sie als filmende Pilgerin Teil der Pilger ist und nur nebenbei filmt.
Zunächst hatten ihre Bekannte aus der Filmbranche ihr immer gesagt: “Das geht nicht”, bis eine bekannte Kinobetreiberin sie in ihrem Vorhaben gestärkt hat. Mit einem anderen Filmexperten aus dem Bekanntenkreis hat sie dann die Ausrüstung zusammengestellt. Aber sie wusste die ganze Zeit nicht, ob es klappt und ob sie es packt.
So ist sie dann ein Jahr später zur gleichen Zeit den gleichen Weg noch mal gegangen, bis sie gemerkt hat, dass sie genug Material für den Film hat. Und gleichzeitig musste sie sich auch von vielen Lieblingsszenen verabschieden, damit es in 90 min Filmlänge passt [über eine davon berichtet sie im Interview…].
Außerdem berichtet sie von den Diskussionen mit ihrem Cutter…
Letztendlich ist es für sie alles gelungen, weil – und das möchte sie allen mitgeben: sie ein klares Ziel hatte und wusste: Es reicht nicht, nur darüber nachzudenken, sondern man muss es auch tun. Schritt für Schritt über einen längeren Zeitraum, achtsam und mutig vorangehen. Dann kommt man auch am Ziel an!
Blitzlicht-Runde:
Die Essenz Deiner Auszeit in einem Satz:
Er hat mir gezeigt, wie einfach es ist, glücklich zu sein.
Die wichtigste Schritt, der Dich über Deinen Tiefpunkt hinaus gebracht hat:
Die Geschwindigkeit den Umständen anzupassen und langsamer, achtsamer zu gehen.
Die wichtigste Ressourcen, in dieser Phase:
Ganz klar, das Erlebnis Natur.
Deine besten Buchempfehlungen:
- * Die Kunst ein kreatives Leben zu führen – Anregung zu Achtsamkeit von Frank Berzbach
Außerdem erwähnt sie im Laufe des Gesprächs drei andere Jakobsweg-Filme, “Pilgern auf Französisch”, “Ich bin dann mal weg” und “The Way”. Hierzu findest Du weitere Infos in der nächsten Episode.
Was möchtest Du unseren Zuhörern mit auf den Weg geben:
Egal, was es ist: Es reicht nicht, darüber nachzudenken etwas zu tun, sondern – einfach tun!
Deine Kontaktdaten:
https://nur-die-fuesse-tun-mir-leid.de/