Folge 091: Rezension des Buches von Gabriele Martin Man findet den Weg nur, wenn man sich auf den Weg macht

Der Weg zurück ins Leben-Podcast – von und mit Christina Bolte.

Heute habe ich wieder eine Buchrezension für Euch – und die hat eine Vorgeschichte. Über Umwege erhielt ich nämlich eine Anfrage, ob es nicht auch bekannte weibliche Pilgerinnen gegeben hätte. Und tatsächlich: Bestimmt gab es damals wie heute zahlreiche Frauen, die sich auf den Weg mach(t)en. Letztendlich sind viele (um nicht zu sagen: fast alle) der großen und bekannten europäischen Pilgerwege wurden durch Männer geprägt und benannt: Der Jakobsweg nach Jakobus dem Älteren, der Franzikusweg nach Franz von Assisi, der Wolfgangweg, der Martinusweg, der Ruperti-Pilgerweg etc., nur um mal einige zu nennen. Auch wenn es natürlich unbestritten auch zahlreiche Wallfahrtsorte gibt, die Frauen, vor allem der Hl. Mutter Maria, gewidmet sind. Allerdings sind diese Frauen keine Pilgerinnen gewesen.

Das kann doch nicht sein, dachte ich mir, es muss doch auch weibliche Pilger gegeben haben. So bin ich auf Maria (Mary) Ward gekommen, die mehrfach von England (wo sie geboren wurde) über Flandern (wo sie ein Kloster stiftete) bis nach Rom pilgerte, um den Papst davon zu überzeugen, um für ihre jesuitisch geprägte Frauengemeinschaft, das „Institut der Englischen Fräulein“, die Ordensregel des heiligen Ignatius von Loyola (1491 – 1556; den Gründer des Jesuiten-Ordens) bestätigen zu lassen.
Nun, das ist ihr zwar zu ihren Lebzeiten (1585–1645) nicht gelungen – dafür hat sie unter der Protektion von Kurfürst Maximilian I. von Bayern damals unzählige Bildungsanstalten für Mädchen gegründet. Für die damalige Zeit ein Novum! Die erste davon entstand 1627 in München im sogenannten „Paradeiser-Haus“ (am heutigen Marienhof hinter dem Rathaus).

Auf der Suche nach einer Wegbeschreibung ihre Pilgerweges von Flandern nach Rom oder München nach Rom bin ich also auf das Buch des heutigen Tages gekommen. Es wurde geschrieben von Gabriele Martin und heißt:

Du findest den Weg nur, wenn du dich auf den Weg machst – Pilgern als Lebensmotiv

Aber höre selbst:

Ich hatte, wie gesagt, eine Wegbeschreibung eines bislang eher ungekannten Pilgerweges erwartet, den Maria Ward von Flandern nach Rom zurücklegte. Diese habe ich in dem Buch nur ganz grob gefunden. Denn der Weg an sich, den Gabriele Martin mit einer Gruppe über 6 Jahre (2004-09) in Etappen von ca. zwei Wochen zurück legte, nahm auch insgesamt eher nur einen kleineren Teil des Buches ein.

Statt dessen erfährt man in dem Buch viel über das Leben und Wirken von Mary Ward sowie die Spiritualität von Ignatius von Loyola und was das mit dem Pilgern zu tun hat. Dazu noch einen Vergleich der damaligen mit den heutigen Bedingungen der Pilgerschaft.
Darüber hinaus fand ich interessant, wie das Pilgern aus erlebnispädagogischer Sicht eingeordnet werden kann (die Autorin ist Erlebnispädagogin) – so passt nämlich auch eine der bekannteren Aussagen aus seinen “Geistlichen Übungen” von Ignatius v. Loyola, wie ich finde, sehr gut zum Pilgern:

“Nicht das Vielwissen sättigt und befriedigt die Seele, sondern das Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her.”

Überraschende Erkenntnisse

Außerdem habe ich viel Neues erfahren über Erfahrungslernen, Archetypen beim Pilgern, Prinzipien beim Pilgern, das Entstehen von Gruppendynamiken und -normen.

Bewegt hat mich die abschließende Erkenntnis, dass all das – obwohl man gar nicht die Absicht hatte “Gruppe zu werden”, weil jeder und jede eher für sich selbst losgeganen war, um der Spiritualität Maria Wards und dadurch auch Gott näher zu kommen – nicht nur eben genau das geschafft hat, sondern zusätzlich auch sich selbst und den “Nächsten.

Bewegt hat es mich eben genau deshalb, weil ich über das Thema Verbundenheit vor ein paar Jahren auch meine Masterarbeit geschrieben habe. Es hat mich aber eben auch bewegt, weil die Autorin abschließend schreibt, dass wenn dies ihrer Gruppe gelungen ist, es auch innerhalb einer Gesellschaft gelingen kann. Nämlich wenn es etwas Größeres, ein höheres Ziel quasi gibt, dem man sich bereit ist mit seinen individuellen Befindlichkeiten unterzuordnen. Wäre schön, wenn es klappt!

Zusammenfassend hat mir gut gefallen:
  • Das wirklich umfassende Literatur- und Quellenverzeichnis aus theologischen, spirituellen, erlebnispädagogischen Werken, genauso aber auch klassischer Pilgerlektüre, wenn man Hape Kerkeling als solchen einordnen mag
  • Das Buch ist trotz der “wissenschaftlich sauberen” Herangehensweise (siehe eben) locker-flockig geschrieben und gut zu lesen.
  • Einige aktuelle und historische Bilder zur Illustration
  • Ich viel Neues gelernt habe, nach dem ich gar nicht gesucht habe

Nicht so gut gefallen hat mir:

  • Dass meine Erwartungen, also das, was ich mir erhofft hatte zu finden, nicht erfüllt wurden, nämlich eine Wegbeschreibung.

Insgesamt:
Wer sich für die oben genannten Inhalte interessiert, für den ist das Buch eine klare Kaufempfehlung.

 

* Du findest den Weg nur, wenn du dich auf den Weg machst. Pilgern als Lebensmotiv von Gabriele Martin

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