Der Weg zurück ins Leben-Podcast – von und mit Christina Bolte sowie heute mit der Fortsetzung des Interviews mit Christiane Engelhardt.
In der letzten Folge sprach ich mit Christiane Engelhardt, einer langjährigen Körperpsychotherapeutin, über ihre Arbeit als Trauma-Therapeutin und ihren fachlichen Blick auf die gegenwärtige Corona-Situation und auf das, was diese mit den Menschen macht. Weil unser Gespräch so lang geworden ist, habe ich mich entschlossen, es auf zwei Episoden aufzuteilen.
Die heutige Episode ist somit die Fortsetzung von der letzten Folge 097 – und diesmal geht es darum, ob es in dieser Situation auch Chancen gibt und – was viel wichtiger allerdings ist – darum, was jeder von uns für sich tun kann, um seinen und ihren “Weg zurück ins Leben” zu beschreiten.
Genau darum geht es im heutigen Interview – und das ist ziemlich viel. Aber höre selbst:
Eine kurze Zusammenfassung dieser zweiten Hälfte des Interviews wie auch die Links zu den erwähnten Büchern findest Du im Folgenden:
In der letzten Folge ging es darum, was ein Trauma ist, wie so etwas ausgelöst werden kann und welche Symptome mit einem Trauma einhergehen. Falls Du den ersten Teil verpasst hast, findest Du ihn HIER.
Wann ist es denn überhaupt sinnvoll, einen Therapie zu beginnen? Wie sieht so etwas aus? Wie arbeitest Du mit Deinen Patient/innen?
Also, was zunächst IMMER wichtig ist, ist sofort und direkt zu reagieren. Das kann auch eine warme Suppe oder eine Seelsorge sein. Wenn das nicht hilft, und der Patient diese Situation auch immer wieder vor Augen hat, kann ich nur empfehlen spätestens nach 14 Tage einen Arzt aufzusuchen, wenn das nicht weggeht. Aber jeder kann ein bisschen was zur Therapie beitragen – und wenn es nur ein heißer Tee oder eine Wolldecke ist.
Wie kann so etwas aussehen? Man beginnt dann also mit der Feststellung von Symptomen, auch körperlich prüft man, ob das noch was anderes sein kann, und eben mit einer Skalierung, wie ich oben geschildert hatte.
Das ganze kann dann eine Kurzzeittherapie sein oder eine Traumatherapie, und wenn die Beschwerden sich dann bessern, und eigentlich sollte man dann sagen: “In acht Monaten sehen wir uns dann wieder”, weil man erst dann wirklich sagen kann, ob da noch etwas hängengeblieben ist.
Was ganz heikel ist, ist ein Trauma zu bagatellisieren, also zu sagen: “ist doch alles nicht so schlimm, die Wunden heilen doch von selbst” oder solche Sachen.
Wenn ein Trauma nicht anerkannt oder ernst genommen wird, kann das sogar tatsächlich auch zu einer weiteren Traumatisierung führen.
Gibt es aus Deiner Sicht auch Chancen, die in dieser aktuellen Situation verborgen liegen könnten?
Eine Krise, jede Krise kann die Sicht aufs Leben verändern. Kann dabei helfen, einen neuen Focus zu setzen, seine Werte neu zu justieren, aber auch dabei, sich auf seine Leistungen und Fähigkeiten zu besinnen. Es gibt so etwas wie ein traumatic growing, also man wächst an einem Trauma. Also wenn man sich auch darauf besinnt, was man alles geleistet hat, was man alles machen kann, was alles da ist oder gut ist – anstatt zu schauen, was alles nicht da ist oder geht. Also wirklich seinen Blickwinkel auf das Positive legen.
Was können Betroffene außerdem noch selbst tun, um wieder ihren persönlichen „Weg zurück in ihr Leben“ zu finden?
Hast Du Tipps für unsere Zuhörer, wie sie für sich selbst sorgen und was sie für ihre eigene Gesundheit tun können?
Ganz wichtig ist es, eine Struktur für den Tag zu finden, zum einen, um sich selbst zu stabilisieren, aber auch für die Familie. Das verschafft uns Autonomie als Mensch, da kann ich was für mich selbst tun. Und vor allem dabei den Fernseher ausschalten.
Ich kann mit einem Igelball den ganzen Körper “abrollern”, um mich und meinen Körper wahrzunehmen oder ganz fest und schnell auf den Boden stampfen, um seine Lebendigkeit mal wieder zu spüren.
Mit dem was da ist, etwas gestalten – ich weiss noch als ich ein Kind war, wie wir aus Stühlen eine Eisenbahn oder Höhlen gebaut haben oder mit einem Besen ein Partnerspiel gemacht. Man kann zum Beispiel auch im Türrahmen turnen.
Oder mit Ernährung kann man ganz viel Gutes für sich tun – oder auch insgesamt kann man es sich schön machen, mit einer Blume oder einem Basilikumblatt, oder einem schönem Duftöl.
Und wenn es gar nichts schönes gibt, dann imaginiere ich es: Wie ich da so an einem sicheren Ort bin und es mir gut geht. Oder oder oder…. Ganz wichtig ist, dass ich für mich sorge und meine Autonomie behalte.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Was sind Deine eigenen Wege, um mit schwierigen Situationen im Leben umzugehen?
Das ist natürlich schön bei mir, dass ich schon immer gemalt habe. Oder sich Notizen machen, schreiben. Schon als Kind habe ich immer Tagebuch geschrieben. Das ist eine Möglichkeit, die mir gut tut.
Und auch meine Resilienz zu stärken – ich kann konkret etwas für mich tun.
Blitzlicht-Runde:
Deine wichtigste Ressourcen:
Ich persönlich bin ein ganz großer Freund von dieser * Klopf-Therapie (oder energetische Psychotherapie oder EFT) nach Fred Gallo. Und morgens mache ich seit ungefähr 40 Jahren jeden Morgen immer meine 5 Tibeter.
Außerdem kann ich in akuten Situationen die “Fünfer-Regel” empfehlen: Wenn Du um Dich herum schaust – was siehst Du? Das Bild an der Wand, den Stuhl, das Bett. Was hörst Du jetzt? Die Autos, den Lärm, Deine Stimme. Jetzt setze Dich auf einen Stuhl – was spürst Du? Also jetzt nicht sagen: Die Panik, sondern den Stuhl unter dem Po, die Lehne an meinem Rücken, den Fußboden, etc.
Es ist ganz wichtig, dass man sich auf etwas besinnt, das man selbst machen kann.
Deine besten Buchempfehlungen:
- * Wie man wird, was man ist – Memoiren eines Psychotherapeuten von Irvin D. Yalom
Irvin Yalom hat auch den Roman * Die rote Couch geschrieben - * Hotspots – Geschichten zwischen Orient und Okzident von Christiane Engelhardt selbst
- und gerade frisch erschienen: * Lebensaufgabe – Wenn mein Kind nicht mehr leben will: Für Eltern und Umfeld: Erfahrungsbericht und Rat: Suizidprävention und Trauerhilfe, ebenfalls von Christiane Engelhardt
Ein Tipp oder eine Lebensweisheit, den Du unseren Zuhörern zum Abschluss noch mit auf den Weg geben willst:
Achte auf Dich selbst, nimm Dich wahr, und wenn Dein Bauchgefühl Dir einen Rat gibt, nimm es sehr sehr ernst.
Aber: Fühle Dich auch verbunden mit anderen.
Deine Kontaktdaten:
www.christiane-engelhardt.de
* Affiliate-Link: Ich erhalte eine kleine Provision, aber Du zahlst keinen Cent mehr.
Eine sehr schöne, lebhafte und persönliche Folge oder vielmehr zwei Folgen. Danke!
Danke schön, Frau L.
Es freut uns, wenn es Ihnen gefallen hat.
Christina Bolte