Der Weg zurück ins Leben-Podcast – von und mit Christina Bolte sowie heute mit ihrem Interview-Gast Gernot Fräger.
Meinen heutigen Interviewpartner Gernot Fräger lernte ich vor vielen Jahren einmal auf einer Netzwerkveranstaltung kennen. Allerdings hatten wir uns eine Weile aus den Augen verloren. Er ist Unternehmer und Experte für Kundengewinnung, Immobilien und Finanzen und lebt mit seiner Frau in der Nähe von München. In unserem heutigen Interview erzählt er, wie es insgesamt dazu kam, dass er eine Zeit lang von der Bildfläche verschwand, nämlich durch eine eigentlich Routine-Operation. Bei dieser traten verschiedene Komplikationen auf, und er berichtet, wie er die langen Monate im Krankenhaus, umgeben von verschiedenen Maschinen und Geräten, erlebt hat.
Was er für sich persönlich aus dieser Zeit mitgenommen hat, wie sich sein Leben verändert hat und was auch andere Unternehmer aus seiner Erfahrung mitnehmen könnten – darum geht es im heutigen Interview. Aber höre selbst:
Eine kurze Zusammenfassung dieses Interviews wie auch die Links zu den erwähnten Büchern findest Du im Folgenden:
Welche positiven Erfahrungen hast Du während dieser Zeit im Krankenhaus gemacht:
Ich bin dankbar für meine Frau Nicole, die mich jeden Tag im Krankenhaus besucht hat. Und man denkt gar nicht, dass einfach nur eine Hand halten so viel Kraft übermitteln kann. Sie hat mir da auch wirklich ganz viele Diskussionen mit Ärzten und anderen Begegnungen von mir fern gehalten hat, für die ich gar keine Kraft hatte. Und ich muss auch sagen, ich bin wirklich dankbar, dass ich das ganze – obwohl es so knapp war – durchgestanden habe und v.a. dass wir das zusammen durchgestanden haben. Es ist echt ein tolles Gefühl, so eine großartige Frau an seiner Seite zu haben.
Ich muss sagen, so selbstverständlich ist das nicht. Ich hab einen Bekannten oder Kollegen, der war körperlich eigentlich viel fitter als ich, der hatte auch eine schwierige Phase, aber der ist vor kurzem selbst gewählt aus dem Leben gegangen…
Welches waren Deine größten Erkenntnisse während dieser Zeit:
Ich habe im Klinikum erfahren, dass der Tod zum Leben dazu gehört. Das will man oftmals nicht wahr haben.
Ich habe deshalb für mich meine Prioritäten neu gesetzt, hab mich jahrelang gefragt: “Was will ich eigentlich im Leben?” Ich hab mich von einigen Zielen, hauptsächlich beruflich, getrennt, auch von einigen Geschäftspartnern. Außerdem habe ich mittlerweile schon einige Vorträge zum Thema Patientenverfügung gehalten, denn ich hatte neben mir im Krankenhauszimmer zwei Unternehmer mit Mitarbeitern liegen, die im Krankenhaus selbst ihre Patientenverfügung ausgefüllt haben, während nebenan der Rettungshubschrauber die ganze Zeit ein- und ausflog. Ich hatte die zum Glück schon ausgefüllt, bevor ich die die Klinik bin, und wie wichtig das ist, merkt man dann, wenn Entscheidungen zu treffen sind oder es um Vollmachten geht. Weil es ist ja nicht automatisch so, dass automatisch der Ehepartner Rechtsgeschäfte für den anderen abschließen darf, sondern im blödesten Fall noch von Amts wegen ein rechtlicher Betreuer bestellt wird, was im Einzelfall auch ziemlich ungünstig ausgehen kann, bis hin zur Insovenz.
Deine größten Ängste während dieser Zeit in der Klinik:
Anfangs war meine größte Sorge noch, als ich auf dem Handy immer gesehen hab, was meine Freunde so machen für Touren: Wann kann ich wieder raus, wann kann ich auch wieder aktiv werden. Aber dann ging es mir ja wieder viel schlimmer. Da war dann meine größte Sorge: Wann kommt Nicole. Und dann natürlich noch, ob ich wieder ganz gesund werde – was nicht einfach ist, wenn nebenbei die ganze Zeit Maschinen Piepsen. Immerhin wog ich zum Schluss nur noch 47 kg, und es hat 2-3 Jahre gedauert, bis ich wieder ganz aufgebaut war. Vor allem auch, bis die Muskulatur wieder ganz aufgebaut war. Mittlerweile kann ich auch den ganzen Tag wieder arbeiten und hab auch von den Ärzten das OK bekommen, wieder zu tanzen und Mountainbike zu fahren. Das war ja lange Zeit gar nicht möglich, weil auch meine Muskeln das gar nicht hergegeben haben.
Deine größten Hoffnungen in dieser Zeit?
Anfangs hatte ich noch Angst, sterben zu müssen. Aber zwischenzeitlich, am Tiefpunkt, wollte ich auch kurzfristig gar nicht mehr Leben, weil ich so gar keinen Hoffnungsschimmer mehr hatte.
Irgendwann im Juli, als mal wieder eine OP verschoben worden ist, hab ich zu meiner Ärztin gesagt, ich würde mich dann heute nachmittag von meiner Frau verabschieden, weil ich überlebe es nicht, wenn ich nicht gleich operiert werde. Danach ging es dann aber zum Glück ziemlich schnell, dass ich dann doch operiert wurde.
Aberl letztendlich war ich ziemlich stark gezwungen, mich in Geduld zu üben.
Was hast Du seit dem Klinikaufenthalt konkret an Deiner Lebensgestaltung verändert?
Ich hab Gelassenheit und Geduld gelernt, also zumindest bin ich schon deutlich besser geworden. Und ich nehme nicht mehr alles so wichtig, wie es erscheint, bin weniger hektisch. Zum Beispiel wenn ich irgendwo hinfahre, kommt es ja nicht auf die Sekunden an, wenn ich mal ein paar Minuten später komme, so dass ich durch Rasen niemanden in Gefahr bringen muss.
Außerdem nehme ich mir seit dem auch spontan mal eine Auszeit, wenn mein Bauch danach schreit. Zum Beispiel waren wir mal ganz spontan am Gardasee, und so zum Frühstück einen Cappucino mit Seeblick genießen. Da sitzt man dann am nächsten Tag auch wieder voller Elan am Schreibtisch, wenn man so spontane Ausflüge genießen kann.
Das war so eine Art Erkenntnis, dass wenn ich etwas will, dann mache ich das einfach. Weil wenn ich warte, kann es sein, dass es niemals realisiert wird.
Gab es bei Dir so bestimmte Meilensteine?
Nein, eigentlich eher nicht so, außer diesen Meilenstein, dass ich von den Ärzten wieder das OK bekommen hatte, dass ich wieder Mountainbiken darf. Alles andere, die Heilung, war eher so ein Prozess, bis Lunge und Muskulatur wieder geheilt waren. Das hat bei mir schon so eine ganze Weile gedauert.
Ansonsten habe ich, was ich gar nicht kapiert habe, aus dem Krankenhaus so ein ganz spezielles Selbstbewußtsein mitgenommen. Das ist eigentlich ganz komisch, weil ich ja in dem Sinne keine Erfolgserlebnisse hatte. Das war eher so eine Art innere Stärke, auch um den Alltag zu gestalten, weil mir auch keiner mehr so leicht was vormachen kann.
Was ich jetzt auch anders mache ist, wenn ich mit Leuten rede, dass ich auch bewußt in die Tiefe gehen will. Ich mag dieses Oberflächliche nicht mehr. Wenn ich zum Beispiel auf Social Media Anfragen bekomme, versuche ich mit den Leuten persönlich in Kontakt zu kommen, weil das sind so viele tolle Menschen da draussen.
Ich lege jetzt auch mehr Wert auf Ehrlichkeit und Kommunikationsfähigkeit. Es ist mir wichtig, dass Menschen auch Zuhören können, und auch die Bedeutung der Worte zulassen können. Und weil mir Tiefgang so wichtig geworden ist, hab ich auch bewusst Menschen aus meinem Leben entlassen. Für die war mir dann meine Zeit auch irgendwie zu schade.
Hattest Du in dieser Phase auch Rückschläge?
Die Rückschläge waren eher so diese Aussagen der Ärzte: “Wir wissen es nicht, wann es besser wird, wir können nur hoffen”. Und dass man nicht so richtig was dagegen unternehmen konnte, dass der Körper sich immer weiter kaputt gemacht hat. Es waren auch nicht so richtig Rückschläge, eher Tiefschläge, die sich aneinander reihten.
Man ist dem so hilflos ausgeliefert, und auch die Ärzte wussten schon nicht mehr, wo man so richtig ansätzen konnte.
Blitzlicht-Runde:
Die Essenz Deiner Auszeit in einem Satz:
Überdenke deine Prioritäten und ändere Dein Leben.
Die wichtigste Schritt, der Dich über Deinen Wende- oder Tiefpunkt hinaus gebracht hat:
Die klare Botschaft an meine Ärztin, das es Zeit ist zu handeln.
Die wichtigste Ressourcen für Dich, in dieser Phase:
Für mich war die Erkenntnis essentiell wichtig, dass Liebe nicht nur ein Wort ist. Sondern eine riesige Antriebskraft, einen Menschen zu unterstützen oder zur Seite zu stehen.
Deine besten Buchempfehlungen:
- * Mit positiven Denken zum Erfolg von Napoleon Hill
Was möchtest Du unseren Zuhörern zum Abschluss noch mit auf den Weg geben:
Die Erkenntnis, die ich gewonnen hab: Macht das, was Euch Spass macht, aber wartet nicht zu lange, sondern macht es gleich.
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